Interview mit Eva Eppard: „Wir bedienen gerne, sind aber keine Bediensteten“

Eva Eppard: „Man darf sich nicht alles gefallen lassen, man muss mit klaren Worten und – zur Not – auch mit der Verweigerung reagieren.“ Foto: Restaurant Eppard
Redaktion 07.01.2022 MAGAZIN  |  Konzepte

Die Livree gehört der Vergangenheit an und nur noch wenige Gäste tragen formelle Kleidung. Mit dem „Ablegen“ von Äußerlichkeiten und Konventionen scheint jedoch etwas verloren gegangen zu sein: der wertschätzende Umgang. Das findet zumindest Eva Eppard, Inhaberin des Restaurants Eppard in der 100 Guldenmühle in Appenheim.

KÜCHE: Frau Eppard, worauf legen Sie beim Umgang mit Gästen wert?
EPPARD: In der 100 Guldenmühle bilden wir aus, auch bin ich im Prüfungsausschuss der IHK tätig und weiß, welch‘ großer Wert daraufgelegt wird, dass die Nachwuchskräfte ein Gefühl dafür bekommen, wie man sich Gästen gegenüber verhält und mit ihnen umzugehen hat. Das beinhaltet auch, dass man lernt, den Gast, seinen Anspruch und Charakter einzuschätzen und entsprechend zu agieren.

Das kann beispielsweise mit dem Alter einer Gästegruppe zu tun haben, muss es aber nicht. Wer es legerer wünscht, bekommt es, wer es konventioneller wünscht, bekommt es ebenfalls. Und klar: Nicht immer gelingt die Ausbildung und nicht alle Service-Mitarbeitenden verhalten sich vorbildlich. Ich erlebe außerdem oft, dass es auch seitens der Gäste an Höflichkeit und Umgang mangelt: Da wird gerne mal einfach geduzt, grundlos gemeckert, sich über Petitessen aufgeregt oder durchaus auch persönlich beleidigend reagiert.

Was raten Sie Ihren Mitarbeiter:innen im Umgang mit solchen Gästen?
Wir bedienen gerne, aber wir sind keine Bediensteten! Es ist der Ton, den ich oft befremdlich finde. Wie fühlt man sich, wenn man beim Ausüben des Jobs als Mensch zweiter Klasse behandelt wird? In solchen Fällen muss ich hinter meinen Angestellten stehen, manchmal sogar eingreifen. Das empfehle ich auch meinen Kolleg:innen: Man darf sich nicht alles gefallen lassen, man muss mit klaren Worten und – zur Not – auch mit der Verweigerung reagieren.

Das ist zwar die absolute Ausnahme, mir aber schon passiert. Es darf sich einfach nicht einbürgern, dass Service-Mitarbeitende wie Fronarbeiter behandelt werden dürfen. Gerade im Moment ist der Job wirklich kein einfacher. Durch die Pandemie hat die Gastronomie viel Personal verloren – und die, die noch da sind, versuchen nach Kräften einen guten Job zu machen. Dennoch sind wir stets bemüht, achtsam und wertschätzend mit unseren Gästen umzugehen. Nicht weniger als das erwünschen und erwarten wir auch umgekehrt.

Was muss sich Ihrer Meinung nach ändern, Frau Eppard?
Es ist das altbekannte Thema der fehlenden Wertschätzung für diesen Beruf. Das gilt natürlich nicht nur für den Menschen, der da serviert und bedient. Kellner oder Kellnerin – heute heißt das ja Restaurantfachmann oder -frau – zu sein hat heute leider bei Weitem nicht mehr das Ansehen wie früher einmal. Dabei funktioniert kein Restaurant ohne sie oder ihn, sie sind das Aushängeschild und der wichtigste Gästekontakt.

Hier braucht es dringend mehr Akzeptanz in der Gesellschaft – sogar in den Familien der Azubis: Die Mutter eines unserer Nachwuchskräfte beispielsweise steht nicht wirklich hinter der Ausbildungswahl ihres Sohnes. Auch hier ist mehr Wertschätzung dringend nötig! Unsere Branche braucht den Nachwuchs – Menschen, die das Dienstleistungsgen in sich tragen, die diesen Job gerne machen. Und dafür muss man kein Studium absolviert haben.

Vielen Dank für das Interview.

www.100guldenmuehle.de