Voneinander lernen: Young Chefs Unplugged 2019

Der Präsident der Koch-G5 Mike Pansi stellt sich unseren Fragen. Foto: VKÖ
Natascha Henkel 05.07.2019 MAGAZIN  |  Karriere

Im Herbst 2018 fand zum ersten Mal die Veranstaltung Young Chefs Unplugged im österreichischen Dornbirn statt. Durch die positive Resonanz ist eine Fortsetzung des Events in 2019 geplant. Wir haben Mike Pansi, Präsident der Koch G5, gefragt, was es damit auf sich hat und warum Engagement für den Kochnachwuchs wichtiger denn je ist.


KÜCHE: Was ist die G5 Young Chefs Unplugged genau?

Mike Pansi: Der größte europäische Wissenskongress für Lehrlinge, Auszubildende und Nachwuchsköchinnen und -köche in Verbindung mit einer Internationalen Networkingplattform, hochwertigen Speakern und Stars aus der Branche sowie Masterclasses und praktischen Workshops. Wir möchten die Jugend hinter dem Vorhang hervorholen und ihnen eine Plattform bieten, die nur für sie da ist. Je früher man mit der beruflichen Weiterbildung und dem Netzwerk beginnt, umso besser geht’s später in der Karriere. Wo sonst kannst du in deiner Ausbildung schon Kontakte und Freundschaften zu Berufskollegen aus fünf europäischen Ländern knüpfen, deren Gemeinsamkeit abseits der Fachlichkeit und hochwertigen Ausbildung noch die der „gemeinsamen“ Sprache ist.

Wo kann man sich anmelden und wer darf alles mitmachen?
Auf der Veranstaltungsseite auf Facebook, einer später freigehaltenen Ticketplattform sowie natürlich bei den nationalen Kochverbänden (VKD, VKÖ, SKV Schweiz, Vatel Club Luxbembourg, SKV Südtirol). Mitmachen dürfen alle Mitglieder der Kochverbände und der berufliche Nachwuchs bis 25 Jahre. Wenn der ein oder andere einen Fachkollegen mitbringen will, soll dem natürlich auch nichts im Wege stehen.

Was erwartet den Kochnachwuchs dieses Jahr?
Ein spannendes, abwechslungsreiches knapp dreitägiges Programm, hochkarätige Speaker und Starköche, wie z.B. Roland Trettl, mit dem es auch ein Meet & Greet für die jungen Nachwuchsköchinnen und -köche geben wird, Masterclasses und Workshops zu den Themen Food & Flavour Paring, Patisserie & Schokolade sowie japanische Küche, Steinmesserschleifkurse und einen Sushi-Workshop. Der Spaß und die kulinarische Verpflegung darf natürlich auch nicht zur kurz kommen, weshalb wir ein eigenes kleines Streetfood-Festival mit Foodtrucks für die Teilnehmer dabeihaben, außerdem die „YCU Gastro Premium Night“ mit DJ, Livemusik, Barbereich und gutem Essen.

Was erhoffen Sie sich von der Veranstaltung?  
Bei unserer Premiere letztes Jahr konnten wir auf Anhieb 220 Jungköche/innen, Auszubildende und Lehrlinge ansprechen. Dies hoffen wir zu toppen. Dieses Jahr peilen wir die 300 an.

Sind Sie der Meinung, dass es mehr von solchen Veranstaltungen für den Nachwuchs geben müsste?
Ja natürlich. Wenn wir jetzt nicht noch mehr in unseren beruflichen Nachwuchs investieren, wann und wie dann? Unsere gemeinsame Veranstaltung Young Chefs Unplugged hat USP-Charakter, da wir derzeit mit diesem Wissenskongress und der Netzwerkplattform auf europäischer Ebene einzigartig sind. Nichtsdestotrotz muss es viel mehr fokussierte Events und Veranstaltungen für den Nachwuchs geben. Schade ist für mich nur, dass man von öffentlicher Seite, Stakeholdern und Politik kaum Unterstützung auch finanzieller Natur für solche Projekte bekommt, jedoch alle immer sagen, wie wichtig ihnen der Nachwuchs ist. Die fünf Kochverbände stemmen dieses gewaltige Budget nur mit den eigenen Budgets und Sponsoren, ohne die so etwas gar nicht möglich wäre. Darum auch ein Dank an Transgourmet Schweiz, Deutschland und Österreich, RAK, BRESC und der Messe Dornbirn und Messe Gustav.

Wie könnte man Ihrer Meinung nach mehr interessierten Nachwuchs finden?
Einerseits natürlich mit solchen Events, wo wir mehr zeigen, welche Möglichkeiten und positiven Seiten dieser Beruf hat, aber auch, wie stark die Gemeinschaft der Köche ist. Die weiße Jacke zu tragen, ist ein starkes Signal, das verbindet. Und man zeigt damit Flagge für seinen Beruf, seine Leidenschaft und seine Passion. Es ist unsere unverkennbare Uniform, die weltweit erkannt wird. Miteinander kochen und essen ist die höchste Kunst der Diplomatie sowie eine universelle Sprache. Über nichts anderes erkennt man so intensiv die Identitätsstiftenden Eigenschaften der verschiedenen Kulturen als über das Essen und deren Zubereitung. Es muss viel mehr herausgestellt  werden, wie wichtig unser Beruf auch für das Wirtschaftsleben ist.
Ich kann da jetzt eher nur für Österreich sprechen, aber bei uns hat man vergessen, wie wichtig die Tourismusbranche für das Land ist. Wir sind ein Tourismusland, jedoch in der allgemeinen Wertigkeit spürt man das nicht mehr. Wert auf Mitarbeiter im Tourismus bzw. den Koch zu legen und anzuerkennen, wie wichtig diese Berufssparte für unser alltägliches Leben ist, darum geht es. Es gilt, heilige Kühe zur Schlachtbank zu führen, eingefahrene und ausgetrampelte Wege zu verlassen und diese Branche grundlegend neu zu definieren und aufzubauen, um wieder mehr Nachwuchs zu finden, um diesen Beruf, mehr noch die Branche, wieder sexy zu machen. 

Was sollten Ausbildungsbetriebe am besten tun?
Ich will da nicht zu sehr verallgemeinern, aber ich denke schon, dass wir ein großes Problem haben, weil es aufgrund des Mitarbeitermangels, der überall vorherrscht, die Neigung gibt, Auszubildende zu sehr zu verheizen. Ich finde es immer wieder erschreckend, wenn ich von Betrieben zu hören bekomme: „Nein, mein Lehrling kann da nicht teilnehmen oder das geht halt nicht, weil ich brauch' ihn im Betrieb, sonst läuft es nicht“. Wenn es soweit ist, dass „unsere“ Betriebe ohne die Lehrlinge nicht mehr laufen und wir ihnen diese Verantwortung aufbürden, dann kann es nur darin enden, dass wir sie am Ende verbrannt und aus dieser Branche getrieben haben.
Dann haben wir als Unternehmer, aber auch als Ausbilder unsere Hausaufgaben nicht gemacht und verstehen irgendwo auch nicht, was AUSBILDEN heißt. Ja, es braucht eine gewisse Disziplin und Strenge in den Küchen, damit es funktioniert. Das heißt aber nicht, dass dies in Auswüchse von „moderner Sklaverei“ enden muss. Auf der anderen Seite müssen wir unseren Ausbildern und Köchen in leitenden Positionen aber auch viel mehr Softskills und Werkzeuge mit auf den Weg geben und aufhören, ihnen den allzu oft und gerne umgehängten Gesamtdruck der Unternehmerverantwortung umzuhängen. 

In wieweit unterscheidet sich die Nachwuchsarbeit in Österreich von der bei uns in Deutschland?
Ich bin natürlich zu wenig aktiv in Deutschland und kann somit nur wenig den Alltag in allen Facetten beleuchten. Aber es hat sich in den letzten Jahren doch herauskristallisiert, dass es in Österreich zum Teil leichter ist, innovative Ideen und Leuchtturmprojekte gerade in der Nachwuchsarbeit auf den Weg zu bringen. Österreich hat da sicherlich ein wenig den Vorteil gegenüber Deutschland, dass wir als kleines Land engere und direktere Kontakte zu Entscheidungsträgern, Stakeholdern und Institutionen haben. Man kennt sich mehr persönlich und kann somit einfach schneller und breiter Projekte gemeinsam auf den Weg bringen.
Ich denke auch der Kontakt zum Beispiel zwischen Landwirtschaft/Bauern und Köchen ist in Österreich stärker ausgeprägt als in Deutschland. Genau diese Zusammenarbeit hilft wiederum sehr stark in der Nachwuchsarbeit. Wenn man z.B. Lerninhalte vermitteln kann, da wo Wissen und Erfahrung passiert, z.B. direkt bei den Landwirten, Metzgern, Sennereien usw., ist das viel intensiver und einprägsamer als aus dem Lehrbuch.
Ich möchte aber jetzt nicht sagen, dass in Österreich alles besser ist. Ich sehe auch ganz viele positive Dinge in der Nachwuchsarbeit in Deutschland. Eine Mischung aus beidem wäre das Optimum. Und dafür steht auch Young Chefs Unplugged – für gegenseitiges Lernen! 

Vielen Dank für das Gespräch.