Essen für den Artenschutz

Im Februar 2020 erhielt Holycrab! auf der eat! Berlin den GASAG-Preis. Foto: Ingo Hilger
Petra Münster 21.02.2020 MAGAZIN  |  Konzepte

Mit der Idee, eingewanderte invasive Krebs- und Krabbenarten zu edlen Speisen zu verarbeiten, starteten Juliane Bublitz, Lucas Bosch und Andreas Michelus im Frühjahr 2019 ihren Streetfoodbetrieb Holycrab! in Berlin. Damit wollen sie einen Beitrag zu Natur- und Artenschutz sowie Nachhaltigkeit leisten. 2019 wurden sie mit dem Deutschen Gastro-Gründerpreis ausgezeichnet - im Februar 2020 erhielten sie auf der eat! Berlin den GASAG-Preis für besonders innovative Gastro-Konzepte.

Alles begann mit einem Zeitungsartikel, der Lucas Bosch, Unternehmensberater aus Offenbach, in die Hände fiel. Es ging um die Ausbreitung invasiver Flusskrebsarten im Raum Berlin ging, die eine ernsthafte Bedrohung für das heimische Ökosystem darstellen und keine natürlichen Fressfeinde haben. 

Vor allem der Rote Amerikanische Sumpfkrebs, auch bekannt als „Louisiana-Flusskrebs“, der amerikanische Kamberkrebs und die ursprünglich in China beheimatete Wollhandkrabbe haben sich in Berlin und anderswo längst zu einer regelrechten Plage entwickelt. Warum daraus nicht eine Geschäftsidee machen?, dachte sich der Jungunternehmer. Der Mensch als natürlicher Fressfeind – zumal die Tiere in ihrer Heimat als Delikatesse gelten. Lieferanten wurden Fischer aus Berlin und dem Umkreis.

Streetfood für Plagitarier

Zusammen mit Lebensgefährtin Juliane, von Beruf Zukunftsforscherin, entwickelte Bosch das Gastrokonzept von Holycrab!, bei dem Nachhaltigkeit anders als im üblichen Sinne interpretiert und gelebt wird. „Bislang steht Nachhaltigkeit doch vor allem für weniger Fleisch essen. Wir gehen weg vom Verzichtgedanken. Wir sagen: Je mehr Fleisch du isst, desto besser für die Umwelt, was zunächst absurd erscheint. Da wir aber invasive Arten verarbeiten, die bekämpft werden müssen, geht das.“

Das Problem invasive Arten wird also umgekehrt in ein Potenzial. Statt exotische Arten von weither zu holen, lautet ihr Motto: „Essen, was da ist!“ Der Dritte im Bunde des Startups ist Koch Andreas Michelus. Der hat sein Handwerk im Berliner Hotel de Rome gelernt und ist seit Juni 2019 für das eigenkapitalfinanzierte Unternehmen im Einsatz.

Neue invasive Arten auf dem Speiseplan

Zunächst standen Krebs und Krabbe sowie der Graskarpfen auf dem kulinarischen Programm, lokal aus den Gewässern des Tiergartens sowie von Havel und Elbe. Inzwischen hat das Holy-C-Team die Produktpalette in Richtung invasives Wild, wie etwa die Nilgans, weiterausgebaut. Da es sich durchweg um Fleisch aus Wildfang und regionaler Jagd handelt, sind sowohl Tierwohl wie qualitativ hochwertige Produkte garantiert.

Seit Sommer 2019 veranstalten die drei Newcomer mehrgängige Dinner Events und Caterings. Anfragen aus dem gesamten deutschsprachigen Raum haben dazu geführt, dass man in Zukunft in Zusammenarbeit mit verschiedenen lokalen Gastro-Partnern wie Restaurants und Cateringunternehmen den „invasivoren“ Lebensstil möglichst vielen Menschen zugänglich machen will.