Mochi sind eine beliebte japanische Süßspeise, die Menschen mittlerweile weltweit zu neuen Variationen inspiriert. Auch in Deutschland finden sie Anklang. Wir haben Kaoru Iriyama, eine Expertin der japanischen Küche, befragt, was die traditionelle japanische Süßspeise ausmacht.
KÜCHE: Frau Iriyama, Sie kamen als Politikstudentin von Japan nach Deutschland und geben heute japanische Kochkurse, Seminare und Beratungen. Wie sind sie von der Politik zum Kochen gekommen?
KAORU IRIYAMA: Das Kochen war schon immer meine große Leidenschaft, aber ich habe mich nie getraut, dieser nachzugehen. So blieb ich nach meinem Masterstudium in Berlin erst einmal 10 Jahre in der Forschung. Während meiner Doktorarbeit habe ich für einen Fernsehsender gearbeitet. In dieser Zeit durfte das Kamerateam nach Japan zum Kochmeister Hirohisa Koyama begleiten. Nach den Dreharbeiten habe ich all meinen Mut zusammen genommen und gesagt: Herr Koyama, ich möchte bei ihnen kochen lernen! Er meinte daraufhin, wenn ich es ernst meine, soll ich mir ein Jahr Zeit nehmen und er bringt mir alles bei. Doch es gab eine Voraussetzung: Ich soll kein Restaurant eröffnen, sondern die Philosophie und die Seele der japanischen Kochkunst auf eine lehrende Art und Weise ins Ausland transportieren. Ich sehe mich als Reiseführerin, die den Menschen nicht nur hilft die japanische Küche näher zu bringen, sondern auch das Lebensgefühl und die Geschichte dahinter.
Stichwort Lebensgefühl: Mochi sind in Japan eine beliebte Süßspeise, bei uns sind sie weniger bekannt. Wie schmecken Mochi und was verbinden Sie damit?
Für mich hat das Essen von Mochi immer etwas Tröstendes. Das ist in der deutschen Kultur vielleicht mit Grießbrei vergleichbar – etwas Warmes für die Seele eben. Mochi hat für mich etwas seidig Weiches und ist ein Ausdruck von Perfektion. Die süße Bohnenmasse im Inneren schmeckt erdig und ich verbinde es mit etwas hochwertigem – etwas Besonderem. Diese Kombination von weißem Reismantel und der Bohnenmasse spiegelt die japanische Schönheit wider: nichts wirklich Auffälliges, nichts Pömpöses, aber dennoch besonders. Am besten schmeckt die Süßspeise zu einem herben grünen Tee.
Jetzt haben Sie so viel über das Gefühl gesprochen, aber was genau sind Mochi denn überhaupt?
Mochi gibt es in vielen Variationen, auch in herzhaft. Aber die japanische Süßspeise besteht traditionellerweise aus einer süßen Bohnenpaste umhüllt von einem weißen Mantel aus klebrigem Reismehl, der durchaus schwer im Magen liegen kann. Daher unbedingt mit viel Flüssigkeit genießen! Die süßen japanischen Reiskuchen gibt es in verschiedenen Füllungen wie Anko (Bohnenpaste) mit Erdbeeren, Wassermelone, Trauben oder Eiscreme. Die beliebtesten Farben der kleinen Süßspeise sind Weiß, Grün und Rot. Die Japaner sind sehr erfindungsfreudig aber auch minimalistisch. Die Mochi werden als Glücksbringer (Daifuku Mochi) angesehen und gerne zu Neujahr oder zu einer Feierlichkeit, wie Mondfest, Kirschblütenfest oder zu Einschulung gegessen.
Kommen wir zur Herstellung. Die ist ziemlich aufwendig, oder?
In der japanischen Küche wird viel mit Hingabe, Liebe und Respekt zu den Produkten gekocht. Es gibt einen japanischen Film, in dem 90 Minuten lang nur die Bohnenpaste gerührt wird. In Japan finden wir das nicht komisch. Das ist was ganz Normales. In meiner Ausbildung bei Herrn Koyama haben wir uns bei der Zubereitung von Mochi 2 bis 3 Tage Zeit gelassen. Mochi lassen sich nicht schnell zubereiten und brauchen Zeit, viel Hingabe und Ruhe.
Also ist hier viel Liebe, Ruhe und Respekt zum Produkt gefragt. Wie genau gehen Sie bei der Herstellung von Mochi vor?
Die Bohnen sollten idealerweise über Nacht eingelegt werden und erst am nächsten Tag gedämpft oder gekocht werden. Die Bohnen sind perfekt, wenn sie sich mit den Fingern ganz leicht zerdrücken lassen. Aber bis dahin müssen sie mehrmals aufgekocht werden, damit die Bitterstoffe verschwinden – man muss geduldig sein. Danach muss die Bohnenmasse nochmals mit viel Zucker bei niedriger Temperatur eingekocht werden. Hierbei ist auch viel Geduld gefragt, denn wenn man die Hitze zu hoch dreht, gelingt es nicht. Ich püriere die Bohnen, wenn sie fertig gekocht sind und lasse sie dann auskühlen.
Hat man die Bohnenmasse vorbereitet kann man sich dem weißen Klebreismantel widmen. Hier wird Klebreismehl, Zucker und Wasser benötigt. Nachdem die Zutaten verrührt wurden, die Masse in eine beschichte Pfanne geben und bei niedriger Hitze die Masse langsam rühren bis sich eine klebrige elastische Masse bildet. Hier muss man auch Geduld haben und viel Kraft. Mit Kartoffelstärke klebt die Masse nicht und lässt sich gut formen. Aus der Bohnenpaste werden kleine Kügelchen geformt, wenn man möchte, kann man hier noch eine Erdbeere oder Banane in die Mitte geben und anschließend mit dem Klebreismasse umhüllen.
Wenn man so viel Mühe in ein Gericht steckt, hält es sich dann auch etwas länger?
Ja die Mochi kann man sehr gut einfrieren. Nur sollte man darauf achten, dass sie schön luftdicht verpackt sind, sonst trocknen sie aus. Jedoch lassen sich mit Obst gefüllte Mochi nicht einfrieren. Sie sollte man immer direkt genießen. Die Mochi am besten auch nicht im Kühlschrank aufbewahren, sonst können sie hart werden.
Würden Sie sagen, der Mochi-Trend hat sich schon in Deutschland etabliert oder bleibt es eher etwas Exotisches?
Vor ungefähr zehn Jahren hat sich noch niemand meiner deutschen Freunde für Mochi interessiert, mittlerweile wollen aber alle probieren. Einen süße Bohnenpaste mit einem Klebreismantel hört sich auch erstmal nach einer komischen Kombination sein, bei der man sich fragt: Das soll eine Süßspeise sein? Ich freue mich sehr über die Offenheit. Auch in der Gastronomie habe ich schon einigen Betrieben gezeigt, wie man Mochi selbst herstellt. Aber hier ist es in der Tat sehr aufwendig und man braucht geschultes Personal. Dennoch nimmt die Nachfrage zu.
Der vollständige Artikel „Big in Japan“ zum Thema Mochi-Eis, eine Abwandlung der japanischen Süßspeise, ist in KÜCHE 10 erschienen. Noch kein Heft? Dann hier entlang.