Hospitality-Experte Martin Schmitz weiß, worauf es bei einer Unternehmensgründung – gerade in schwierigen Zeiten wie der Corona-Pandemie – besonders ankommt. Gelebte Sozialkompetenz ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor.
Zur Gründung des eigenen Unternehmens braucht es zu jeder Zeit Mut. Der Weg zur Gründung ist nie einfach, leicht und bequem. Aber natürlich muss der „Mutanfall“ in Coronazeiten noch mehr auf den Überzeugungen der Gründerinnen und Gründer basieren als sonst. Die Wege in Extremsituationen wie derzeit in der Corona-Pandemie sind steiniger.
Zugleich bietet die Pandemie jedoch auch Chancen, die von kreativen Unternehmerinnen und Unternehmern genutzt werden. Das zeigte sich beispielsweise schon nach wenigen Wochen an neuen Konzepten. Die außergewöhnlichen Umstände führen mitunter auch zu erhöhter Akzeptanz seitens der Gäste. Dabei muss es nicht immer der ganz große Wurf sein. Auch kleinere Schritte und Maßnahmen sind sehr wirkungsvoll.
Ein Beispiel: Wie wäre es mit einem Zehn-Euro-Gutschein für Hotelgäste, sofern diese auf die tägliche Zimmerreinigung verzichten? Ein solcher Gutschein könnte beispielsweise nur in der Hotelbar einlösbar sein. In der Praxis wird dies häufig zu dem Ergebnis führen, dass Gäste über die zehn Euro Gutscheinwert hinaus Umsätze in der Hotelbar tätigen. Auf diese Weise spart das Hotel nicht nur Kosten ein, sondern erzielt außerdem zusätzlichen Umsatz. Zudem wird das Image als klimafreundliches Unternehmen gestärkt und dem Fachkräftemangel – der oft ein Mitarbeitermangel ist – entgegengewirkt.
Echte Gestaltung statt Verwaltung
Ob Chance, Krise oder Routine: Gründerinnen und Gründer sollten sich stets dem Geist kontinuierlicher Verbesserung verschreiben. So werden Erfolge erzielt, die man zunächst nicht für möglich gehalten hat. Es entsteht ein Hauch Magie, einem guten Zauber gleich. So werden die beschäftigten Menschen als auch das Unternehmen wachsen. Kontinuierliche Verbesserung bedeutet: offen sein, ausprobieren, aus Fehlern lernen, negative Erlebnisse und Rückschläge positiv wenden. Führung sollte dabei stets den Prinzipien des Leaderships folgen und nicht auf die des Managements setzen. Echte Gestaltung anstelle von Verwaltung.
Das gilt insbesondere für die Menschenführung. Gelebte Sozialkompetenz ist häufig das eigentliche Fundament für persönliches und unternehmerisches Wachstum. Damit das Unternehmen interne und externe Strahlkraft entwickeln kann, muss den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aufrichtig und wertschätzend begegnet werden. Dabei ist faire, angemessene Bezahlung nur ein wesentlicher Aspekt.
Und: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen beflügelt werden, ihr volles Potenzial entfalten zu können. Das funktioniert nur gemeinsam. Schon immer konnten 50 gut organisierte Menschen deutlich mehr erreichen als 500 unorganisierte Einzelkämpfer. Wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter innerlich wachsen, wachsen auch die Führungskräfte. So gesehen, ist Führung nicht als Privileg zu verstehen, sondern als Verantwortung zur Befähigung.
Social Leader für das Team
Bei der Zusammenstellung der Teams kommt es auf die richtige Mischung an. Jedes Team benötigt mindestens einen Social Leader. Das ist ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin mit dem Talent, das Team zu fokussieren und zusammenzuhalten. In diesem Kontext noch einige Anmerkungen zur Situation in der Profi-Küche: In immer mehr Betrieben werden Küchendirektoren und Küchenchefs als Tandem eingesetzt.
Natürlich passt dieses Modell nicht zu jedem Betrieb. Schließlich setzt es gewisse Strukturen voraus. Dennoch ist die Entwicklung zur Trennung von ausgeprägter Fachlichkeit und Stärken in der Persönlichkeit erkennbar. Operativ kümmert sich dabei vorwiegend der Küchenchef um das Team und die Essenszubereitung. Der Küchendirektor hingegen geht organisatorischen, logistischen und koordinierenden Aufgaben nach.
Allzu oft wurden Menschen in der Vergangenheit nicht stärkenorientiert eingesetzt. So war es jahrzehntelang üblich, dass derjenige Küchenchef wurde, der das Kochhandwerk am besten beherrscht. Doch das ist häufig keine optimale Herangehensweise. Fachlich gut zu sein, ersetzt keineswegs Sozialkompetenz und das Potenzial des Social Leaders für das gesamte Team.
In Zeitebenen denken
Auch auf der Zeitebene werden die besonderen Anforderungen an Gründerinnen und Gründer erkennbar. So sind innerbetrieblich stets drei unterschiedliche Zeitebenen vorhanden. Das Hier und Jetzt ist in erster Linie Sache des Fachpersonals, das aktuell Essen zubereiten oder servieren soll. Die Zeitebene Gestern und Heute zielt vor allem auf die Führungskräfte, die aus zurückliegenden Arbeitsabläufen und möglicherweise auch aus Dingen, die nicht gut funktioniert haben, Verbesserungen mit Blick auf den angebrochenen Tag ziehen sollen.
Die Zukunft hingegen ist es, mit der sich Gründerinnen und Gründer vorrangig beschäftigen sollten. Es geht dabei darum, sich darüber klar zu sein, wohin sie den Betrieb steuern möchten. Sie müssen eine starke Vision und die dazugehörige Strategie entwickeln. Anschließend gilt es, beides fortlaufend anzupassen und weiterzuentwickeln.
Bei vielen Unternehmerinnen und Unternehmern geraten diese Zeitebenen im Alltag durcheinander. Das gefährdet persönliche und unternehmerische Ziele. Mittel- und langfristiges Denken ist eine zwingende Grundlage für den Erfolg. Gute Vorbereitung und Planung haben den großen Vorteil, dass sie die persönliche Widerstandskraft stärken. Das ist in den herausfordernden Coronazeiten besonders bedeutsam.
ÜBER MARTIN SCHMITZ
Der gelernte Hotelfachmann verfügt über 15 Jahre Berufserfahrung in Hotellerie, Gastronomie, Tourismus und Marketing. Nach seiner Ausbildung arbeitete er zunächst als Direktionsassistent, anschließend im Tourismus und bei verschiedenen Event- und Marketingagenturen. 2015 gründete er mit Schmitz Marketing sein eigenes Unternehmen. Martin Schmitz ist Mitglied des Fachbeirates der Deutschen Hotelakademie und als Dozent, Speaker und Autor tätig.