Kleine Warenkunde: Milch

Altes Sprichwort: "Der Wein ist die Milch der Alten." Foto: Pexels
Sylvia Winnewisser 15.03.2023 MAGAZIN  |  Kochkunst

Hätten Sie's gewusst? Nur die Milch von Tieren darf auch als "Milch" bezeichnet werden. Man unterscheidet Kuhmilch, Ziegen-, Schafs-, Esel- und Stutenmilch, die für die menschliche Ernährung geeignet sind. Der menschlichen Muttermilch am nächsten kommt Stutenmilch. Sie enthält weniger allergieauslösende Eiweiße. Schafsmilch ist mit 7 Prozent die fetteste. Aus ihr entstehen vor allem Käse, Joghurt und Quark.

MILCHZUCKER
Den Milchzucker Laktose konnte der erwachsene Mensch ursprünglich nicht verdauen, der Organismus hat sich erst im Lauf der Evolution daran gewöhnt. Milch war überlebenswichtig in Zeiten von Ernteausfällen und Dürre. Menschen, die die nahrhafte Milch vertrugen, hatten größere Überlebenschancen. Darüber hinaus war die Milch oft weniger keimbelastet als das Wasser.

IN DER VORZEIT
Funde beweisen: Schon in der Steinzeit, vor etwa 8.000 Jahren, tranken Menschen Milch. Zuvor hielten sie milchgebende Tiere nur wegen des Fleisches und der Wolle. Mit dem Milchtrinken begannen unsere Vorfahren, sesshaft zu werden und Landwirtschaft zu betreiben. Diese Entwicklung verbreitete sich vom Norden Europas in Windeseile über den ganzen Kontinent.

KLASSIFIKATION
Milch wird nach ihrem Fettgehalt klassifiziert. Vollmilch hat mindestens 3,5 Prozent Fett, fettarme Milch dagegen weist zwischen 1,5 und 1,8 Prozent Fett auf. Mit 0,8 Prozent Fett steht entrahmte oder Magermilch an letzter Stelle der Fettgehaltsskala. Bio-Milch schlägt mit 3,8 Prozent zu Buche. Rohmilch schwankt zwischen 3,5 und 5 Prozent und ist die gesündeste.

GUTES FUTTER
Milchfett ist nicht unbedingt gesund für Erwachsene. Herkömmliche Milch enthält bis zu 70 Prozent gesättigte Fettsäuren. Lediglich Milch von Kühen, die auf (Berg)weiden grasen und viel Gras und frische Kräuter fressen, produzieren Milch, die mehr ungesättigte Omega-3-Fettsäuren enthält als Milch von Kühen, die nur mit Maissilage und Kraftfutter ernährt werden.

HEUMILCH
Werden Milchkühe vorwiegend mit Heu und Gras gefüttert, darf die gewonnene Milch als Heumilch bezeichnet werden. Stehen sie an mindestens 120 Tagen im Jahr jeweils sechs Stunden pro Tag auf der Weide, ist die Bezeichnung Weidemilch zulässig. Sowohl mit Heu- wie mit Weidemilch lassen sich höhere Preise erzielen – bei allerdings auch höheren Kosten.

BERGBAUERN-MILCH
Klare Richtlinien der EU gibt es für den Begriff Bergbauernmilch. Per Definition ist Bergbauer, dessen Hof ab 800 Metern Meereshöhe liegt und ganzjährig bewirtschaftet wird. Weiden und Wiesen des Bergbauernhofs sollten auf 600 bis 800 Metern Höhe liegen und eine Hangneigung von 18 Prozent haben. Bergbauern erhalten EU-Fördergelder.

BIO-MILCH
Artgerecht gehaltene Kühe fressen überwiegend Grünfutter. Daher hat Bio-Milch mehr gesunde Inhaltsstoffe als konventionelle Milch. Es wird nicht mit mineralischem Stickstoffdünger und chemisch-synthetischen Pestiziden gearbeitet. Gentechnik und die vorbeugende Gabe von Antibiotika sind verboten, ebenso wie das Pasteurisieren und ESL Milch. Die Milch wird nur homogenisiert.

DAS WAR FRÜHER
Milch vom Bauernhof holen, aus der Blech-Milchkanne direkt ins Glas gießen und trinken, war früher mal. Heute gibt’s Hygienevorschriften. Zwar kann man die weder homogenisierte noch pasteurisierte „Milch ab Hof“ immer noch erwerben, doch diese Roh- oder Vorzugsmilch muss gefiltert und gekühlt werden und innerhalb von 24 Stunden in den Handel kommen. Außerdem muss sie vor dem Verzehr abgekocht werden.

ALPENMILCH
Der Begriff Alpenmilch ist nicht geschützt und daher auch kein echtes Qualitätsmerkmal. Wie weit sich der Alpenraum erstreckt, definiert jeder Milchbauer bzw. jede Molkerei anders. So können auch Ausläufer der Alpen noch dazugezählt werden. Und man erhält Milch, die aus dem Flachland stammt. Welche Art Fütterung die Alpenmilchkühe erhalten dürfen, ist nicht festgelegt.

GUTE BEHANDLUNG​​​​​​​ 
Durch Homogenisieren wird verhindert, dass sich Fett und Flüssigkeit in der Milch voneinander trennen. Einige Sekunden auf bis zu 75 Grad erhitzen, um Keime abzutöten, wird als Pasteurisieren bezeichnet. Diese Milch darf sich Frischmilch nennen. Wird sie auf 125 Grad erhitzt, heißt die Milch ESL (extended shelf life) und ist länger haltbar. H-Milch ist ultrahocherhitzt (135 Grad) und ohne Kühlung mehrere Wochen haltbar.

MILCH IN ZAHLEN
Laut dem Verband der Milchindustrie gab es im November 2022 3,8 Millionen Milchkühe in Deutschland, die insgesamt 32,1 Millionen Tonnen Milch im Jahr geben. Der Milchverbrauch der Bundesbürger liegt bei durchschnittlich 47,8 kg pro Person pro Jahr (Stand 2021) und ist rückläufig. 2019 waren es noch 49,6 kg.

MILCH-ERSATZ​​​​​​​
Nur das Erzeugnis von Tieren darf sich Milch nennen. Alle daraus hergestellten Erzeugnisse, wie Butter, Käse, Joghurt, Quark, sind Milchprodukte. Milchersatzprodukte aus Pflanzen wie Hafer, Soja, Reis, Mandel, Lupine oder Kokos müssen dagegen als „Drink“ bezeichnet werden. Oft sind die Drinks mit Aromastoffen und Zucker versetzt, auch wenn „naturell“ draufsteht.