Kolumne Björn Grimm: 7 % zum Wohle der Gesellschaft

Björn Grimm: "Wir sollten dazu kommen, dass eine dauerhafte Entfristung und damit einhergehende Beibehaltung auf 7 Prozent unserer Gesellschaft dienen wird." Foto: Jens Dosen
Kolumne: Björn Grimm 16.08.2023 AKTUELLES  |  News

Im Sommer hatte ich die Gelegenheit, zusammen mit Beraterkollegen aus anderen Branchen an einem Thinktank-Workshop unter Moderation unseres Bundespräsidenten a. D. Christian Wulff auf dem Petersberg in Bonn teilzunehmen. Es ging um Themen wie Fachkräftemangel, Digitalisierung und die gefühlte Überregulierung durch zu viel Bürokratie. Rasch spürte ich, dass zahlreiche Themen, die uns in der Hotellerie und Gastronomie umtreiben, identisch mit denen in anderen Branchen sind. Das bedeutet, dass unsere Branche diverse Herausforderungen nicht exklusiv für sich gepachtet hat. Uns eint offensichtlich mehr mit anderen als uns trennt.

Allerdings schauten meine Kollegen durchaus neidvoll auf unsere Förderungen, die ursächlich in der Pandemie und den damit einhergehenden behördlichen Beschränkungen begründet sind. Hier ist die seit dem 1. Juli 2020 befristete Senkung der Umsatzsteuer von 19 auf 7 Prozent hervorzuheben, die für wahre Rentabilitäts- und Liquiditätseffekte gesorgt hat. Diese Besonderheit wurde in dieser Höhe nur exklusiv unserer Branche zugedacht. Alle weiteren Branchen bekamen deutlich geringere Entlastungen, wie etwa die vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2020 geltende Senkung des Regelsteuersatzes von 19 auf 16 Prozent beziehungsweise von 7 auf 5 Prozent. Hiervon profitierte unsere Branche ebenfalls.

In einer Demokratie gilt es, Mehrheiten hinter sich zu versammeln – eine weitere Erkenntnis, die ich aus dem oben beschriebenen Treffen mitnehmen konnte. Es ist daher richtig, medial auf das drohende Ungemach aufmerksam zu machen und Entscheidungsträger der Politik hinter sich zu scharen. Nur werden wir keine Mehrheiten bilden können, wenn wir ausschließlich auf der Ebene des Mitleids argumentieren und wiederholt in Aussicht stellen, dass zahlreiche Betriebe sich in der Existenz bedroht fühlen. So hat es unsere Branche schon bei der Erhöhung des Mindestlohns, der Einführung des Rauchverbots und sogar bei der Auszeichnung der Inhaltsstoffe getan.

Wir sollten dazu kommen, dass eine dauerhafte Entfristung und damit einhergehende Beibehaltung auf 7 Prozent unserer Gesellschaft dienen wird, um weiteren Kostensteigerungen entgegenzuwirken und diese abzudämpfen. Weg vom privilegierten Nutzen einer einzelnen Branche hin zu einer dargestellten mehrheitsfähigen Nutzenstiftung zahlreicher Menschen und Bürger. Denn der Politiker denkt eben in diesen Mehrheiten, die zu Wiederwahl notwendig sind. Politik dient nicht der Wirtschaft, sondern dem Menschen!

Starke Medien und unsere Gäste (Bürger) sollten darauf hinweisen, dass es mitunter schon reicht und der Staat längst profitiert. Denn aufgrund der ohnehin schon gestiegenen Verkaufspreise ist das Steuervolumen deutlich höher ausgefallen als prognostiziert. Es darf also keine politischen Spielchen zulasten der Gastronomie geben, die am Ende auch den mehrheitsbildenden Wähler zum Opfer machen. Auch fehlt mir eine stärkere Präsenz der Gastro-Unternehmer:innen und deren Mitarbeitenden sowie die Solidarität weiterer Branchen, die vertikal und horizontal an uns mit dranhängen. Der Dehoga hat den Kampf schon lange nahezu alleine aufgenommen. Gewinnen können wir aber nur gemeinsam!

Ihr Björn Grimm


ÜBER BJÖRN GRIMM
Der KÜCHE-Kolumnist ist Mitglied der Geschäftsleitung eines Hotelbetriebes in Norddeutschland und berät als Inhaber der Grimm Consulting seit 20 Jahren erfolgreich mittelständische Gastronomen und Hoteliers.
www.gastronomieberatung.de