Akteure aus Lebensmittelhandwerk und Landwirtschaft sowie Vertreter der Politik kamen zum Symposium der „Gemeinschaft“ zusammen, um ihre Visionen für die Gastronomie der Zukunft zu skizzieren.
Querdenker wie Jack Algier (Stone Barns), Christine Pohl (Ernährungsrat Berlin) und Micha Schäfer (Nobelhart & Schmutzig) regten in insgesamt sechzehn Workshops zum Austausch darüber an, was eine neue Esskultur leisten müsste und wie sich diese realisieren ließe.
Die neue deutsche Küche
Neben einer besseren Vernetzung der Branche fordert die Gemeinschaft eine Revolution der Esskultur sowohl auf dem Feld und in der Küche als auch in den Köpfen der Menschen. So beschäftigten sich die Teilnehmer des Symposiums damit, was bereits bei der Kochausbildung anders laufen muss als bisher, wie sich eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Koch und Landwirt gewährleisten lässt, wie moderne Imagepflege über soziale Medien funktionieren kann und wie Köche Biodiversität und Wirtschaftlichkeit miteinander in Einklang bringen können.
Mehr Mut, mehr Transparenz, mehr Regionalität
Die Schärfung der eigenen gastronomischen Identität steht dabei im Fokus. Gast und Gastgeber fordern deutlich mehr Transparenz und Respekt füreinander, aber auch gegenüber den Erzeugern. Das macht deutlich, dass wir gerade einen Paradigmenwechsel in der Gastronomie erleben. Individualisierung statt Homogenisierung kulinarischer Konzepte, regionaltypische Lebensmittel statt weitgereister Luxusprodukte sind gefragt.
Ausbildung neu gedacht
Damit es überhaupt zur Revolution der Esskultur kommen kann, braucht es fähigen Nachwuchs, der in der Lage ist Gastronomie neu zu denken. Doch die Zahl Ausbildungsabbrecher steigt Jahr für Jahr. Die Gründe sind vielfältig.
Häufig genannte Faktoren sind die Arbeitsbedingungen, Strukturen, die nur selten zum Arbeitsalltag der Azubis passen und ein als „antiquiert“ beschreibenes Lehrangebot, das wenig Praxisbezug hat. Die jungen Köche beim Symposium wünschen sich vor allem einen verbesserten Austausch zwischen den (internationalen) Ausbildungsbetrieben, alternative gastronomische Ausbildungswege und mehr eigenverantwortliches Arbeiten.
Landwirt avanciert zum gefeierten Blogger
Die Branche hat nicht nur mit Personalmangel zu kämpfen, ihr machen auch hartnäckige Vorurteile zu schaffen. Ein Mittel, um damit aufzuräumen, könnte gutes Social Media Marketing sein. Darüber bekämen Menschen, die selbst nicht in gastronomischen Berufen tätig sind, Einblicke in den Alltag des Kochs oder auch des Landwirtes. So handhabt es Ingmar Jaschok sehr erfolgreich.
Jaschok ist Landwirt und Blogger und pflegt vom Trecker aus seinen Blog “Hofhuhn-Blog”. Nebenbei betreibt er noch einen Podcast und verfasst Texte über sein Leben als Landwirt. „Ich nutze die sozialen Medien, um auf meine Arbeit und meine Art der Tierhaltung aufmerksam zu machen und so vielleicht etwas zu verändern“, sagt Ingmar. Ihn zeichnen dabei vor allem Authentizität und Ehrlichkeit aus.
Einen Gedanken säen
Doch nicht nur die Kommunikation nach außen gehört überdacht, sondern auch der Austausch zwischen Koch und Landwirt. Theoretisch arbeiten beide Hand in Hand – praktisch sprechen sie oft zu wenig miteinander. Wenn sich das ändert, können sie gemeinsam neue Wege definieren, für mehr Biodiversität auf dem Teller sorgen und die Wertschätzung für hochwertige Lebensmittel aus nachhaltiger Produktion bei den Gästen wiedererwecken. Land und Stadt, aber auch Gast und Gastgeber müssen sich wieder näher kommen, dafür sind die modernen Mittel, die uns zur Verfügung stehen, geradezu ideal. Nur nutzen müssen wir sie.
„Für die Menschen, die bereit sind, mehr für Lebensmittel aus vertrauenswürdigen Quellen zu zahlen, müssen wir die Unterschiede zu konventioneller Ware herausstellen“, betont Jack Algier, der für das Symposium extra aus New York angereist ist. Er plädiert dafür, den globalen Austausch zwischen Gleichgesinnten voranzutreiben. Seiner Meinung nach sei das der nächste Schritt, nachdem der regionale Zusammenschluss bereits gut funktioniere. „Wenn es keiner wagt, etwas zu verändern, tut es niemand. Da bin ich lieber der Freak, der Utopist, der Andersdenker, als irgendwann sagen zu müssen ‚Hätte ich mal…‘!“
Über die Gemeinschaft
Die Gemeinschaft vereint Landwirte, Köche und Gastronomen und will mit Aktionen oder Zusammenkünften wie dem Symposium darauf aufmerksam machen, dass es auf das partnerschaftliche Wirken ankommt. „Unser Ziel ist die weitreichende Vernetzung, um eine Zusammenarbeit zu fördern und das Fundament für eine deutsche Esskultur mit eigener Identität zu legen“, führt Friederike Gaedke aus, die das Symposium mitorganisiert hat.