Marvin Böhm, Sous-Chef des Restaurants Aqua in Wolfsburg, hat am 26. Oktober den ersten Platz beim renommierten Kochwettbewerb Bocuse d`Or Germany in Frankfurt am Main gewonnen. Er setzte sich gegen drei Mitbewerber durch und wird Deutschland im März 2024 beim Europafinale in Norwegen vertreten. Was Böhm auszeichnet, lesen Sie in unserem Artikel „Ziel erreicht“, aus KÜCHE 12/2022, den wir erneut veröffentlichen.
Fünf Stunden pure Konzentration und höchstes Kochhandwerk legte Marvin Böhm am 17. Oktober 2022, dem Finaltag des Live-Wettbewerbs „Koch des Jahres“, im Kameha Grand in Bonn an den Tag. Und das mit Erfolg: Sein Drei-Gänge-Menü überzeugte die Jury unter Vorsitz von Spitzenkoch Dieter Müller, sodass sich der 34-Jährige nun über den prestigeträchtigen Titel „Koch des Jahres 2022“ freuen darf.
In Sachen Wettbewerbe hat der Sous-Chef aus dem Drei-Sterne-Restaurant Aqua in Wolfsburg bereits Erfahrung. Wettbewerbssituationen bringen ihn demzufolge nicht so schnell aus dem Konzept. „Wenn die Vorbereitung gut läuft, kann eigentlich nichts mehr schiefgehen“, sagt Marvin selbstsicher. Dennoch war der „Koch des Jahres 2022“ für Böhm der vorerst letzte Wettbewerb seiner Karriere – das Ziel von vornherein klar: Er wollte den 1. Platz belegen. „Der Sieg stand sozusagen noch auf meiner persönlichen Bucket List, deswegen ist es umso schöner, dass ich es auch geschafft habe“, sagt er stolz.
Der Weg in die Sterneküche
Bereits seit seiner Kochausbildung in der Backstedter Mühle nimmt Böhm an Kochwettbewerben teil. „Neben dem Grundhandwerk, das ich in der Ausbildung gelernt habe, durfte ich an diversen Wettbewerben teilnehmen, Waren zum Üben bestellen und mich kreativ ausleben“, schaut er dankbar zurück. Dass er Koch werden möchte, stellte er im Kochunterricht in der Schule fest. Schulpraktika festigten den Wunsch.
Böhm überzeugt durch Zielstrebigkeit, Präzision und eine gesunde Portion Perfektionismus. Bereits in der Ausbildung war demzufolge schnell klar, dass er „spezieller“ kocht und anrichtet, wie der Koch heute erzählt. Der Weg in die Sterneküche direkt nach der Ausbildung war der nächste logische Schritt. In der Schwarzwaldstube der Traube Tonbach lernte er als Commis de Cuisine die klassische französische Küche auf Sterne-
niveau kennen. „Hier musste ich mich erst neu strukturieren und Zeitmanagement lernen, da wir ein ganz anderes Arbeitspensum an den Tag gelegt haben, als ich es in der Ausbildung gewohnt war“, beschreibt er seine Erfahrungen. Anschließend zog es den gebürtigen Wolfsburger wieder in Richtung Heimat und er heuerte im Drei-Sterne-Restaurant Aqua an. Hier schätzt Marvin insbesondere seine Kollegen und die Selbstständigkeit in der Küche. „Ich glaube, das hat man nicht überall, diese Möglichkeiten und Freiheiten allein bei den Bestellungen und der Kreation von Gerichten“, bringt er die Vorteile auf den Punkt.
Bestimmtheit, Präzision und Ehrgeiz
Ehrgeiz spürt man bei Marvin nicht nur durch seine Teilnahme an Wettbewerben, auch in der Küche hat er sich dieser Eigenschaft verschworen. Dabei liebt er es filigran, elegant und aufs Wesentliche reduziert, ohne dabei eine bestimmte Philosophie zu verfolgen. Inspiration findet er in der Kunst, wie in der Street-Art oder der Architektur. Verschiedene Formen und Farben, welche er in seine Kreationen miteinfließen lässt, haben es ihm angetan. Das Drei-Gänge-Menü für acht Personen, das Marvin am Finaltag mit seiner Assistentin Jana Böker zubereitete, zeigt, was damit gemeint ist. „Mit Bestimmtheit, technischer Präzision und Methodik bringt Marvin schlichte und bis ins letzte Detail ausgeklügelte Kreationen auf die Teller, die überraschen und überzeugen“, so das Urteil der Jury.
Die Herausforderungen beim Menü bestanden darin, dass der Warenkorb einen Wert von 16 Euro pro Person nicht überschreiten durfte. Für die Vorspeise galt es, ein Gericht mit Friesenkrone Matjesfilets auf die Teller zu bringen. Die Hauptspeise stand unter dem Motto Entenfleisch – und beim Dessert mussten sowohl Maronen als auch Hagebutten verarbeitet werden. Für uns stellt Marvin sein Hauptgericht mit Ente, Sauce Rouennaise, Steckrübe und Keulen-Ragout näher vor: „Bei meiner Hauptspeise war die Sauce das Herzstück des Gerichts. Die Steckrübe als Püree und mit Gänseleberfett verfeinert, hat dem Ganzen noch ein leicht süßliches Aroma verliehen“, beschreibt er. Die Ente hat der Koch nach Vorgabe im Ganzen verwendet: Die Innereien wurden in der Sauce verarbeitet; im Ragout fanden die Entenkeulen und das Herz Verwendung. Wichtig war Marvin, dass vor allem die Hauptkomponenten von keinen anderen Aromen überdeckt werden.
„Da es mein letzter Wettbewerb war, wollte ich schon gerne, dass alles perfekt ist“, gesteht er. Daher hat Böhm auch bei der Vorbereitung mithilfe von selbstgestalteten Untertellern sowie Menübeschreibungen für die Jury nichts dem Zufall überlassen. Und wenn es nicht der erste Platz geworden wäre? Dann wäre Marvin dennoch stolz. „Es wird immer Menschen geben, die besser sind als du, deswegen wäre ich auch mit einer anderen Platzierung zufrieden gewesen, solange ich weiß, ich habe mein Bestes gegeben.“
Marvin Böhm ist angekommen. Auf die Frage, wo er sich in Zukunft sieht, antwortet er: „Gerne als Küchenchef im Aqua – mit dem Ziel, das Niveau der drei Sterne zu halten.“
MARVIN BÖHM
Jahrgang 1988
2014–2015
Weiterbildung zum Küchenmeister, Hotelfachschule Heidelberg
Seit 2010
Sous-Chef, Restaurant Aqua***, The Ritz Carlton, Wolfsburg
2008–2010
Commis de Cuisine, Restaurant Schwarzwaldstube ***, Hotel Traube Tonbach
2005–2008
Ausbildung zum Koch, Backstedter Mühle, Backstedt
Wettbewerbe
1. Platz Koch des Jahres 2022
1. Platz Junge Wilde 2013
1. Platz Bocuse d‘Or 2016 und 2018 – Vorentscheid in Deutschland
Dieser Beitrag erschien erstmals in KÜCHE 12/2022.