Kleine Pilzkunde

Große Vielfalt: In Mitteleuropa gibt es mehrere Hundert Arten an Speisepilzen, allgemein bekannt und konsumiert werden jedoch nur etwa 40 Arten. Foto: Pexels
Sylvia Winnewisser 08.11.2021 MAGAZIN  |  Kochkunst

Pilze sind vielfältige und spannende Lebewesen. Sie gehören weder zu den Pflanzen noch zu den Tieren, sondern bilden innerhalb der biologischen Klassifikation ein eigenes Reich (Fungi). Unsere kleine Pilzkunde informiert. 

Unter den Pilzen gibt es Einzeller wie die Backhefe und die vielzelligen höheren Pilze, zu denen die Schlauch- und die Ständerpilze zählen. Die Klasse der Ständerpilze umfasst etwa 30.000 Arten, darunter auch die meisten von uns geschätzten und gesammelten Speisepilze. Niemand kann genau sagen, wie viele verschiedene Pilzarten es gibt. Schätzungen reichen bis zu 3,8 Millionen Arten weltweit, von denen bislang nur ca. 100.000 identifiziert sind.

Teures Vergnügen
Der wertvollste und teuerste Speisepilz ist der Trüffel. Ein Kilogramm des weißen Alba Trüffel kostet bis zu 9.000 Euro, echte schwarze Trüffel gibt es schon für 1.000 Euro das Kilo. Die knubbeligen Fruchtkörper der Trüffel wachsen meist unterirdisch an den Wurzeln von Buchen, Kastanien und Eichen. Früher schickte man Schweine auf „Trüffeljagd“. Diese gehen jedoch beim Ausgraben recht ungehobelt vor und richten große Schäden am Pilzgeflecht an. Außerdem vertilgen sie die Trüffel gerne selbst. Daher wird dieser Gourmetpilz heute vorrangig mit speziell ausgebildeten Hunden gesucht. 

Lecker und gesund
In Mitteleuropa gibt es zwar mehrere Hundert Arten an Speisepilzen, allgemein bekannt und konsumiert werden jedoch nur etwa 40 Arten. Pilze sind nicht nur lecker, sondern auch gesund, da sie wichtige Mineralstoffe, Spurenelemente und Vitamine enthalten. Durch ihren niedrigen Fettgehalt sind sie gut für die schlanke Linie und nicht nur Vegetarier schätzen Pilze als Fleischersatz. Speisepilze wie Champignon, Austernpilz und Shitake werden in Kulturen herangezogen und sind ganzjährig verfügbar. Andere Pilzarten wie Steinpilz und Pfifferling sind dagegen nicht kultivierbar und werden nur saisonal angeboten.

Kein Pfifferling wert? Von wegen!
Wer keinen Pfifferling auf etwas gibt, in dessen Augen ist die Angelegenheit wertlos. Doch wieso spricht man da ausgerechnet vom Pfifferling? Die Redewendung geht darauf zurück, dass der Pfifferling früher zu den am häufigsten vorkommenden Pilzsorten gehörte und daher sehr billig – fast wertlos – war. Schon im 16. Jahrhundert galt der Pfifferling als Arme-Leute-Essen und wurde wenig bis gar nicht geschätzt. Zum Glück aber wissen Köche und Gäste heutzutage den schmackhaften Pilz als Saisonhighlight im Spätsommer wieder angemessen zu würdigen!

Vielseitige Begleiter
Pilze sind in unzähligen Lebensbereichen unsere ständigen Begleiter: Ohne Hefepilze gäbe es weder Wein noch Bier und auch keinen Hefeteig. Verschiedene Schimmelpilze werden seit Jahrtausenden für die Reifung von Käsesorten wie Emmentaler, Roquefort oder Camembert verwendet. Sie lassen sich aber auch noch anderweitig verwenden: Besonders in der Medizin sind sie elementar. Viele Medikamente würde es ohne Pilze gar nicht geben, man denke etwa an Penicillin. Pilze eignen sich sogar für kreative Arbeiten. So kann man mit ihnen sehr gut Wolle oder Seide färben oder reinweißes Papier herstellen. 

2.400 Jahre alt …
Das, was wir im Allgemeinen als Pilz bezeichnen, ist nur der Fruchtkörper. Der eigentliche Pilz besteht aus mikroskopisch feinen Fäden (Hyphen), ein weit verzweigtes Geflecht im Boden. Welches Ausmaß dieses Pilzgeflecht erreichen kann, zeigt eine Hallimasch-Art im US-Staat Oregon, deren Mycel sich über knapp neun Quadratkilometer ausgebreitet hat und somit als größtes Lebewesen der Welt gilt. Dieser holzzersetzende Pilz, dessen Fruchtkörper übrigens sehr gut schmecken, verzeichnet ein Gewicht von über 600 Tonnen und ein geschätztes Alter von mindestens 2.400 Jahren.