Kleine Warenkunde: Miesmuschel

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Redaktion 27.10.2025 MAGAZIN  |  Kochkunst

„MIES“ FÜR MOOS
Ihren Namen verdankt die Miesmuschel dem mittelhochdeutschen Wort „mies“ für Moos, weil sie den Meeresgrund ähnlich wie Moos überzieht.
Dabei können Miesmuschelbänke eine Größe von einigen Kilometern erreichen und aus mehreren Millionen Tieren bestehen. Im Gegensatz zu anderen Muschelarten vergraben sich Miesmuscheln nicht im Sand. Mit Hilfe von sogenannten Byssusfäden heften sie sich an Untergründen wie Holz oder Hartböden und auch aneinander fest und können sich in geringem Umfang auch bewegen. Hierzu sondern die Tiere aus ihrer Byssusdrüse Fäden ab und ziehen sich daran vorwärts.

MILLIONENFACH VERMEHRT

Miesmuscheln vermehren sich zwischen April und Juni, indem die Weibchen Eier und die Männchen Samen ins Wasser abgeben. Wegen der großen Muschelbänke kommt es zu einer optimalen Befruchtung der sage und schreibe 5 bis 12 Millionen Eier, die eine einzelne Muschel pro Laichzeit ausschüttet. Wie es heißt, werden jedoch 99 Prozent der sich im Plankton aufhaltenden Larven von Planktonfressern wie Hering, Finnwal, Blauwal oder Delfin vernichtet. Miesmuscheln ernähren sich von Mineralstoffen und Algen, die sie aus dem Wasser herausfiltern.

AUS ALLER WELT

Miesmuscheln kommen weltweit vor. Die bei uns im Handel erhältlichen stammen vornehmlich aus Aquakultur, wurden also in künstlich angelegten Muschelbänken gezüchtet. Ware, die hierzulande verkauft wird, stammt meist aus dem deutschen Wattenmeer, teilweise auch aus den Niederlanden oder aus Frankreich. Die Umweltschutzorganisation WWF empfiehlt, aus ökologischen Gründen auf Miesmuscheln aus Aquakultur zurückzugreifen, die komplett an Leinenkulturen herangewachsen sind.

VON SEPTEMBER BIS APRIL

Traditionell haben Miesmuscheln in der Zeit zwischen September und April Saison. Die weit verbreitete Faustregel, nach der Muscheln nur in Monaten gegessen werden sollten, in denen der Buchstabe „R" vorkommt, stammt allerdings aus einer Zeit, als die Meeresfrüchte wegen der hohen Temperaturen im Sommer schnell verdarben. Diese Gefahr besteht durch die heutigen Kühltransporte nicht mehr. Allerdings können Muscheln in den warmen Monaten durch Algengifte belastet sein. Diese Gifte reichern sich mitunter im Sommer während der Algenblüte in den Muscheln an. Wer selbst Muscheln sammelt, sollte das berücksichtigen. Zuchtmuscheln werden dagegen regelmäßig auf Belastungen kontrolliert und können auch außerhalb der Saison auf den Tisch kommen.

KLOPFTEST FÜR DIE FRISCHE

Frische Miesmuscheln dürfen nur lebend verkauft werden. Beim Kauf sollten sie leicht nach Seewasser riechen, auf keinen Fall stark fischig oder nach Ammoniak, denn dann sind sie bereits verdorben. Außerdem sollte man darauf achten, dass die Schale fest geschlossen ist. Muscheln mit weit geöffneten oder stark beschädigten Schalen sind bereits abgestorben und müssen aussortiert werden. Sind die Schalen leicht geöffnet, am besten leicht auf den Rand der Schale klopfen. Lebendige Muscheln reagieren darauf mit einem Zucken und schließen sich. Der Weckruf hat funktioniert – und die Muschel darf in den Topf.

MARITIME PROTEINBOMBEN

Miesmuscheln sind echte Proteinbomben und gelten als gesunder Schatz des Meeres. So enthalten etwa 100 Gramm Miesmuscheln rund 10,5 Gramm Eiweiß. Sie haben keine Kohlenhydrate, sind dafür aber reich an Omega-3-Fettsäuren. Diese gesunden, mehrfach gesättigten Fettsäuren sollen eine entzündungshemmende Wirkung haben. Außerdem tragen Miesmuscheln dank der Vitamine B1, B2, B6, C und E zu einer ausgewogenen Ernährung bei. Sie enthalten zudem viele Mineralstoffe wie Natrium, Kalium und Phosphor, Magnesium, Calcium und Eisen.

IN DER KÜCHE

Asiatische Gewürze wie Thai-Basilikum, Zitronengras und frischer Koriander, aber auch Ingwer, Chili, Knoblauch, Limettensaft und etwas Fischsauce können das feine, fischig-nussige Aroma der Miesmuscheln betonen. Blickt man etwa nach Portugal oder in die Bretagne, so erfüllt hier vor allem ganz klassisch der Weißwein diese Aufgabe. In der italienischen Küche gibt es auch Rezepte, in denen Miesmuscheln mit Hülsenfrüchten kombiniert werden, zum Beispiel mit weißen Bohnen oder Kichererbsen. Auch Fregola, die sardische Couscous-Variante, eignet sich wunderbar als Grundlage für raffinierte Miesmuschelgerichte.

MIESMUSCHELN PRO PERSON

Wenn man Miesmuscheln servieren möchte, sollte man mit der richtigen Menge pro Person planen. Dies hängt selbstverständlich auch davon ab, ob die Muscheln als Hauptspeise oder als Beilage serviert werden sollen. Eine gängige Empfehlung für die Hauptspeise liegt bei einem Kilogramm Rohware pro Person, denn davon bleiben nur etwa 200 bis 250 Gramm Muschelfleisch übrig. Möchte man Miesmuscheln als Beilage servieren, halbiert sich die empfohlene Menge.


Dieser Artikel ist in KÜCHE Ausgabe 10/2025 erschienen.