Kleine Warenkunde: Schwarzwurzel

Winterspargelkunde: So unattraktiv Schwarzwurzeln aussehen, so viel Gutes steckt in ihnen. Foto: Bernjuer/iStock/Getty Images
Sylvia Winnewisser 07.11.2022 MAGAZIN  |  Kochkunst

Das edle Frühlingsgemüse hat ein Pendant im Herbst. Spargel versus Schwarzwurzel. Auch als Spargel des „kleinen Mannes“ bezeichnet, aber nicht weniger lecker und gesund sind die langen Stangen mit dem schmutzigen Aussehen, die – winterhart – von Oktober bis April geerntet werden können. Ab Mai werden sie vom „echten“ Spargel abgelöst.

SCHATTENDASEIN
„Hoffmanns Schwarze Pfahl“, so der Name der Sorte, die, vor über 50 Jahren gezüchtet, heute am meisten verkauft wird. Doch die schwarzen Wurzeln werden züchterisch meist stiefmütterlich behandelt. Die Sortenerhaltungsorganisation Pro Specie Rara engagiert sich dafür, dass das Gemüse öfter auf den Tisch kommt.

ARTENREICHTUM
Wie Artischocke, Radicchio, Topinambur und Chicorée stammt die Schwarzwurzel aus der artenreichen Familie der Korbblütler (Compositae). Beheimatet ist sie in Spanien, wo sie wild wuchs und als Heilpflanze gegen die Pest und Schlangenbisse galt. Ab dem Beginn des 18. Jahrhunderts wurden die Wurzeln als Gemüse europaweit angebaut. 

WERTE
So unattraktiv sie aussehen, so viel Gutes steckt in Schwarzwurzeln. Der Gehalt an hochwertigen Nährstoffen ist beachtlich: Kalium, Kalzium, Phosphor, Eisen und Natrium sind zu finden, ebenso Eiweiß, Vitamine B1, E, C und Glykoside, wie Inulin, das im Körper zu für Diabetiker leicht zu verwertenden Kohlehydraten verstoffwechselt wird.

VON DER KNOSPE BIS ZUR WURZEL
Nicht nur die bis zu 50 cm langen Wurzeln (mit 3 bis 4 cm Durchmesser und mindestens
65 g Gewicht) sind essbar, sondern auch die jungen Blätter im Salat und die gelben Blüten, die sich aber erst im zweiten Jahr der Kultivierung zeigen. Seltene Delikatesse: die in Teig ausgebackenen Knospen der Schwarzwurzelpflanze.

"Wir möchten eine Lanze brechen für das lanzenartige Gemüse – das viel zu selten auf den Tisch kommt."    
Philipp Holzherr, Stiftung  Pro Specie Rara

MAHLZEIT 
Entwarnung kommt beim Kochen und der Genuss beim Essen. Die klebrige Milch, die auch im Fruchtfleisch enthalten ist, wird beim Kochen neutralisiert. Zutage tritt ein nussiger Geschmack mit einem Anklang von Spargel und Artischocke. Auch roh mariniert schmecken die Wurzeln. Wichtig ist, dass die geschälten Stangen weiß und nicht faserig oder holzig sind.

HAUTKONTAKT
Die Herausforderung beim Schälen der Wurzeln besteht darin, keine schwarzen Hände zu bekommen. Hier helfen Handschuhe. Die braune korkige Schale hat es in sich: Klebrige weiße Milch tritt aus, die sich schnell verfärbt. Kenner empfehlen, die Wurzeln sofort nach dem Schälen in Zitronen- oder Essigwasser zu lagern oder statt zu schälen nur abzubürsten oder -zuschaben.

KÜCHENPRAXIS
Wer Schwarzwurzeln servieren möchte, hat viele Möglichkeiten der Zubereitung. Kochen, braten (mit Schale), schmoren, garen, roh, als Gemüsebeilage oder Auflauf, Suppe oder Salat. Möglich ist es auch, aus Schwarzwurzeln ein Eis zuzubereiten. Die frittierte Schale findet als Crumble dazu nachhaltige Verwendung. 

REZEPTIDEE
Aus Zitronensaft, Rapsöl, Sahne (oder Milch), gehackten Zwiebeln, gehackten Walnüssen, gehacktem Thymian ein Dressing bereiten. Pro Person 1 Schwarzwurzel waschen, bürsten, schälen und roh in das Dressing reiben.