Kochen auf Tauchstation

U-Boot-Koch Markus Demski arbeitet heute unter anderem als Küchenplaner für Chefs Culinar. Foto: Markus Demski
Natascha Henkel 29.08.2019 MAGAZIN  |  Karriere

Einmal in einem U-Boot mitfahren. Für so manchen ist das ein Traum. Markus Demski hat ihn sich erfüllt und gleich noch eins draufgesetzt: Er wurde Koch auf einem U-Boot. Von seinen Erlebnissen in diesem außergewöhnlichen Beruf erzählte er beim Jugendcamp Bayern 2019.

Markus Demski begrüßt die Nachwuchsköchinnen mit einem lockeren „Moin“. Dass es mittlerweile 20 Uhr abends ist, stört den ehemaligen U-Boot-Koch dabei nicht. Er hat schließlich noch unter dem alten Schlag von Köchen seinen Beruf gelernt, erzählt er, und die haben sich in der Küche noch mit einem anderen „Schnack“ unterhalten. Nach der Ausbildung zog es ihn zur Bundeswehr, wo er auf einem U-Boot nicht nur die ganze Crew bekochte, sondern auch noch für die Torpedos zuständig war.

Nach seiner Zeit auf dem U-Boot kam er bei einer geselligen Runde auf die Idee ein eigenes Kochbuch mit den Gerichten, die er in seiner Zeit auf dem U-Boot selbst – sozusagen unter Wasser – gekocht hatte, zu schreiben. Sein U-Boot-Kochbuch, das unter dem Titel Kochvergnügen unter dem Meeresspiegel: Ein ehemaliger U-Boot-Koch verrät seine Lieblingsrezepte, im Frieling & Huffmann Verlag erschien, war das erste seiner Art. Denn laut dem Profi gab es zwar Bücher über U-Boote, aber keins über das Kochen unter Wasser. Das Kochbuch brachte Markus Demski nicht nur einige Auszeichnungen ein, sondern bescherte ihm auch eine Einladung in die Köche-Nationalmannschaft. Heute ist Markus Demski für Köche unterwegs und plant und verkauft Küchen.

Einlauf-Plinsen und Auslauf-Gyros

Auf Demskis U-Boot gab es jeden Morgen drei verschiedene Sorten von Brötchen: Mohn, Sesam und Natur. Zudem gab es täglich für die Besatzung frischen Kuchen oder Crêpes. Und Pflicht war immer das so genannte Einlauf-Plinsen und die Auslauf-Gyros. Und wehe, wenn nicht. Dann hatte man es sich auch sehr schnell einmal mit dem Kommandanten verscherzt. Natürlich gab es auch hier und da mal feinere Gerichte – auf jeden Fall standen Kassler zum Mittag, Nutella-Kuchen oder Pizza regelmäßig auf dem Programm. Mit fünf Mahlzeiten am Tag für 28 bis 32 Mann musste Markus Demski täglich 140 bis 160 Essen alleine stemmen. Dabei achtete er darauf, dass er frisch gekochte Mahlzeiten auf den Tisch brachte. Nur einmal gelang es Markus Demski nicht, wie er zugeben muss. Bei einem Vorfall mit Schimmel auf den Lebensmitteln beim Versorgerschiff, gab es dann für die Crew ausnahmsweise auch mal nur Brot mit dick Leberwurst oder Mortadella drauf. Gegessen wurde es trotzdem.

Leben auf einem U-Boot

Damit der Kochnachwuchs beim Jugendcamp einen Eindruck vom Aufbau eines U-Boots gewinnen kann, zeigt Markus Demski Fotos aus seiner Zeit als U-Boot-Koch. Dabei plaudert er auch aus dem Nähkästchen. So war es beispielsweise nur dem Kommandanten und dem Smut vergönnt, sich täglich zu waschen. Die restliche Besatzung konnte das nur einmal in der Woche. „Dagegen ist der Harzer Käse gar nichts“, scherzt Markus Demski. Und was ist mit dem Küchengeruch? Irgendwann riecht man dies nicht mehr, denn die anderen Gerüche wären intensiver, scherzt Markus Demski. Auch Raucher hatten es nicht leicht auf dem U-Boot, denn nur an Deck war es erlaubt zu rauchen. Da konnte glatt schon mal ein Monat vergehen bis zur nächsten Zigarettenpause.
Und wie groß stellen sich die Jungköche die Kombüse vor? Markus Demski gibt die Antwort: Gerade mal so groß wie eine englische Telefonzelle. Bei solchen Rahmenbedingungen ist Kreativität gefragt. Auch der kleinste Raume wurde – verderbliche Lebensmittel kurzerhand bei den Torpedorohren gekühlt. Und waren denn Frauen auf einem U-Boot vertreten, will ein Kochazubi wissen? Eher nicht. Der Profi kann auch erzählen warum. Die einzige Frau, die er auf dem U-Boot erlebte, ging nach vier Monaten wieder von Bord. Die hygienischen Bedingungen waren damals einfach zu problematisch. Heute sei das glücklicherweise anders, so Demski.

Schöne und auch schwere Zeiten

Nach dem zweiten Weltkrieg war es deutschen U-Booten nur erlaubt, ihre Küsten zu verteidigen. Trotzdem nahm das U-Boot von Markus Demski an Manövern etwa mit US-Streitkräften teil und fuhr so bis nach Amerika, erzählt der Koch. Auch wenn es sehr schöne Zeiten gab und man viel Spaß hatte, gab es auch die an oder andere schwierigere Zeit an Bord. In einem Krieg war Markus Demski nicht, dennoch gab es auch für ihn Herausforderungen. So musste sein U-Boot die Seestreitkräfte der Amerikaner nach dem Attentat auf das World Trade Center am 11. September 2001 unterstützen oder auch mal in Krisengebiete fahren. Natürlich gab es auch Freizeit unter Deck, sodass die Besatzung auch mal Videos wie Top Gun gucken konnte. Die eine Hälfte war immer auf Bereitschaft, während die andere Hälfte Freizeit hatte. Doch was macht man, wenn nur ein Koch an Bord ist? Dann muss eben auch einmal ein Kollege kochen, schmunzelt Demski. Oha!
Aber wie bereitet man sich auf den Einsatz als Koch auf einem U-Boot vor, wollen die Teilnehmer des Jugendcamps Bayern von Demski wissen? Auf Sylt gab es eine Trainingsschule, in der er zusammen mit Kampftauchern ausgebildet wurde, auf einem U-Boot zu leben, erzählt der Koch. Außerdem wurden dort die Bedingungen in der Kombüse nachgestellt. Ebenfalls zur Ausbildung gehörte das Tauchen. Dieses Training war kein „Zuckerschlecken“, gibt Demski zu. So musste er beispielsweise in einem Tank ohne Tauchausrüstung bis zu 80 Meter tief tauchen. Das trainiert er heute zum Spaß manchmal im Schwimmbad, in dem er über drei Bahnen taucht.

Eine ungewöhnliche Erfahrung

Eine für ihn ungewöhnliche Erfahrung, die Demski auf dem U-Boot machte, war, dass amerikanische Kleinkriminelle auf den Flugzeugträgern gearbeitet haben. Sie waren vor allem dazu eingesetzt, Kartoffeln zu schälen oder im Maschinenraum auszuhelfen. Denn sie konnten sich entscheiden: Entweder Gefängnis oder zur Marine. Und das sei auch heute noch so, erzählt der Koch. Eine witzige Anekdote weiß Demski von einem Testmanöver zu berichten, dass sein U-Boot-Kommando zusammen mit den russischen Kollegen gegen das Team England und USA durchzuführen hatte. Dafür bekam die deutsche Besatzung um Markus Demski die Torpedos von den Amerikanern gestellt. Als seine Flotte dann allerdings die Amerikaner mit ihren eigenen Torpedos schlug, fanden die das gar nicht komisch. Der amerikanische Kommandant wurde gefeuert und in einem Brief kam die Frage auf, wie die Deutschen denn so stark sein konnten. Ob es wohl am deutschen Koch auf dem U-Boot gelegen hat?